Viele Mountainbiker waren am Anfang beim Thema E-MTB skeptisch. Sie haben als Founder und Brand Developer von FOCUS natürlich einen guten Einblick in die E-MTB-Entwicklung. Wie bewerten Sie die Entwicklung des E-Mountainbikes?
Im Prinzip ist es so, dass man eine Auswahl von Fahrrädern und E-Bikes hat, die noch nie so gut und vielseitig wie heute war. Unabhängig davon, ob es sich dabei um Einsteiger handelt, um ältere Leute oder um diejenigen, die sportlich unterwegs sein wollen. Grundsätzlich kommen die Modelle gefühlt unheimlich nahe an ein normales Mountainbike ran.
Dem E-Bike wird auch oft die sportliche Komponente abgesprochen. Wie anstrengend ist das E-MTB-Fahren und wie fit hält ein E-Bike?
Wenn man sich aus Trainingsgründen mehr anstrengen will, kann man auch den Motor ausschalten, dadurch hat man sogar einen höheren Widerstand. Man kann im Prinzip ein E-Bike wie einen Spinning-Trainer anwenden: Von wenig Unterstützung bis hoch zu Boost, wo man eine Unterstützung von bis zu 250 Watt bekommt. Es ist abhängig davon, wie man sich selber einschätzt und was man mit dem E-Mountainbike erreichen will. Zum Beispiel habe ich eine Ducati in der Garage. Aber ich fahre sie kaum noch, weil ich lieber das E-Bike nutze. Damit bin ich sportlich unterwegs, gerade beim Berghochfahren. Trotzdem komme ich nach Hause und bin ausgepowert, weil ich eben auch am und über dem Grenzbereich fahre. Und da hole ich mir mein Training wieder.
Sind Sie als Ex-Profi mit dem E-Mountainbike viel unterwegs?
Von meiner Gesamtzeit auf dem Fahrrad verbringe ich etwa 75 Prozent auf dem E-Bike. Ich lebe im Schwarzwald, hier geht es vor meiner Haustüre gleich hoch auf 1300 Meter. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als am Nachmittag eine Sunset-Runde zu machen oder am Abend noch kurz auf 1300 Meter hochzufahren und dann die Abendsonne und den Sonnenuntergang bei der Fahrt bergab zu genießen.
Wie sicher ist ein E-MTB?
Am Ende des Tages ist das E-Mountainbike einfacher zu fahren als ein normales Rad. Die meisten E-Bikes haben den Motor und die Batterie im unteren Bereich, daher hat man einen sehr schweren Tiefpunkt. Damit erreicht man, dass das Mountainbike im Gelände sicherer und kontrollierbarer im Grenzbereich liegt. Der ambitionierte oder gute Mountainbiker kann kontrollierter am Grenzbereich fahren, weil der Bereich, in dem man den Grip und die Kontrolle in der Schräglage verliert, breiter wird. Man hat mehr Möglichkeiten und Zeit zu reagieren, beispielsweise beim Wegrutschen den Fuß vom Pedal zu nehmen. Das passiert bei einem normalen Mountainbike viel schneller. Für weniger fitte Fahrer ergibt sich eine höhere Sicherheit, weil aufgrund der höheren Massenträgheit des E-Mountainbikes alles etwas langsamer passiert. Sprich: Die einen haben mehr Spielraum, die anderen haben mehr Kontrolle und Sicherheit im Grenzbereich.
Viele Hersteller nennen den Spaß-Faktor als zentralen Vorteil eines E-MTBs. Wie motivierend ist ein E-MTB?
Hinter dem E-Mountainbike steckt die Idee, die Leute auf das Rad zu bekommen. Raus aus dem Auto und mehr auf das Fahrrad, so wie es bei mir persönlich der Fall ist. Natürlich bin ich aufgrund meiner Profikarriere ausgeschöpft was das Fahren angeht, aber trotzdem habe ich noch Spaß. Ich würde viele Abende sicherlich nicht mehr aufs Rad steigen, wenn es nicht ein E-Bike wäre. Ich würde eher sagen: „Ach komm, fahr ich morgen oder übermorgen.“ Mit der Unterstützung, die ich während des Fahrens einstellen kann, ist schon ein Motivationsfaktor dabei.
Inzwischen gibt es ja eine breite Produktpalette an Rädern mit verschiedenen Akkus, verschiedenen Antrieben usw. Welche Tipps haben Sie für den Kauf eines E-Mountainbikes?
Zunächst sollte man für sich feststellen, wo und wie ich das E-Bike einsetzen möchte. Danach zu einem guten Fachhändler gehen und sich gut beraten lassen. Wenn ich in der Stadt unterwegs sein will, brauche ich kein Enduro mit 170 Millimetern Federweg. Das könnte vielleicht cool auszusehen, aber man nutzt eben nicht die volle Fähigkeit des Rads. Wichtig ist auch, je nachdem welchen Anspruch man hat, dass man Räder mit dem richtigen Display auswählt. Wenn man unsicher ist, sollte man auf Festivals und Test-Events einfach mal fahren. Nichts wäre ungünstiger, als wenn man denkt, hätte ich doch was anderes gekauft.
Wie sehen Sie die Zukunft der E-MTBs, können Sie eine Konkurrenz zu „normalen“ Mountainbikes werden?
Natürlich hat die Gesellschaft eine bestimmte Richtung eingenommen, man sagt immer sie wird bequemer, angenehmer. Man möchte mehr haben für weniger Einsatz. Aber es gibt genügend Leute, die auf die normalen Räder nicht verzichten möchten. Beispielsweise eine Transalp-Überquerung. Sie ist mit dem E-Bike auch möglich, aber ich persönlich bevorzuge die Variante, sie mit dem normalen Rad zu machen. Dennoch muss man sagen, dass die Auswahl an Rädern und der Fahrspaß noch nie so groß war wie heute.
Sie waren auch schon in Winterberg mit dem E-Mountainbike unterwegs. Was gefällt Ihnen an der Ferienwelt Winterberg?
Winterberg hat einen schönen griffigen, kontrollierbaren Boden. Dadurch macht das Biken Leuten, die nicht so fit sind, auch Spaß und sie werden nicht so überrascht. Im Süden, wie beispielsweise Frankreich, Spanien oder Italien gibt es viel mehr Schotter. Da kommt die Reaktion des Rads schon ein wenig spontaner. In Winterberg ist es deutlich sicherer und macht auf jeden Fall mehr Spaß zu fahren, weil das Gelände kontrollierbarer ist.
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